Hunde mit platter Nase – Qualzuchten oder nicht?

Deutscher Boxer
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Hunde, die einen extrem kurzen Schädel und eine flache Schnauze besitzen (viele sagen “mit platter Nase“), werden unter den Bezeichnungen Kurzköpfigkeit und Brachyzephalie zusammengefasst. Unter den großen Hunderassen sind der Deutsche Boxer und die Amerikanische Bulldogge vertreten. Eine mittelgroße Rasse ist der Old English Bulldog, während unter den kleineren Vertretern die Französische Bulldogge, der Mops oder der Boston Terrier zu finden sind. Oft stehen bei bestimmten beliebten Hunderassen äußerliche Ideale im Vordergrund, jedoch leiden diese Tiere häufig unter gesundheitlichen Problemen als Folge davon.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hunde mit einer platten Schnauze haben fast immer Schwierigkeiten bei der Atmung
  • Diese Hunderassen können Wärme durch eine verdickte Zunge kaum regulieren
  • Auch bei Geburten kann es durch den großen Kopf der Welpen zu Schwierigkeiten kommen
  • Überzüchtung ist bei diesen Rassen ein großes Thema

Beeinträchtigung von Atmung und Temperaturausgleich

Ein Nachteil dieser speziellen Züchtungen mit kurzen Nasen besteht darin, dass bei vielen Hunden die Atmung beeinträchtigt ist. Diese pathologische Veränderung der Nase wird als “Brachycephales Atemnotsyndrom” bezeichnet. Aufgrund der verengten Nasenlöcher haben sie Schwierigkeiten beim Einatmen. Gerade in den Sommermonaten stellen diese Hunde nicht nur eine Herausforderung beim Atmen dar, sondern auch bei der Regulation ihrer Körpertemperatur. Dies kann schnell zu einer Überhitzung führen. Im Allgemeinen verfügen Hunde über keine Schweißdrüsen und können daher Wärme lediglich durch Hecheln über die Zunge (und teilweise auch über ihre Pfoten) abgeben. Hunde mit kurzen Schnauzen haben eine Zunge, die im Vergleich zu Hunden mit normalen Gesichtsschädeln verkürzt und verdickt ist. Dadurch sind sie nicht in der Lage, Wärme so effektiv über ihre Zunge abzugeben wie andere Hunderassen. Wenn das Tier eine Erkältung hat, kann sich der Zustand zusätzlich verschlimmern und es kann zu echter Atemnot kommen.

In besonders schweren Fällen ist es manchmal unumgänglich, Hunden mit flachen Schnauzen nur noch durch eine Operation zu helfen. Leider führt dies häufig nicht zum gewünschten Ergebnis und birgt zudem hohe Kosten, was sich in enormen Tierarztrechnungen niederschlagen kann. Mögliche Komplikationen während und nach der Operation für den Vierpföter können außerdem vorkommen. Es ist ratsam, solche Eingriffe nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die betroffenen Tiere im täglichen Leben erhebliche Atembeschwerden haben.

Schwere Geburt

Zusätzlich führt die abgerundete Form des Schädels bei diesen Rassen zu Komplikationen während der Geburt. Eine beträchtliche Anzahl von Welpen kann nur mittels Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden, da sie aufgrund ihrer Kopfform nicht problemlos durch den Geburtskanal gelangen können.

Unpassender Maulkorb

In bestimmten Bundesländern und Gemeinden existieren Regelungen, die den Hundebesitzer dazu verpflichten, seinem Vierbeiner einen Maulkorb anzulegen, wenn er mit ihm öffentliche Verkehrsmittel oder Veranstaltungen besucht. Dies stellt insbesondere bei brachyzephalen Hunderassen eine große Herausforderung dar. Denn für diese Rassen ist das Tragen eines Maulkorbs äußerst unangenehm und viele erhältliche Maulkorb-Modelle haben nicht die richtige Passform.

Qualzucht führt zu Hundeleiden

Der Biologe und Kritiker der Rassezucht, Christoph Jung, behauptet, dass aufgrund von Züchtungsfehlern kaum eine Hunderasse frei von vererbten Krankheiten ist. Seiner Ansicht nach ist es primär die professionelle Schauhundezucht, die den Grundstein für das Leiden der Tiere legt. Laut Jung wird die Zuchtauswahl seit Generationen nach dem Aussehen und nicht nach der Leistung und dem Wesen getroffen. Dadurch werden die Rassemerkmale überbetont. Denn je öfter ein Hund bei einem Wettbewerb gewinnt oder gute Bewertungen erhält, desto häufiger wird er zur Zucht verwendet. Für den Züchter ist dies mit hohen finanziellen Gewinnen verbunden.

Viele Züchter haben das Problem erkannt und setzen sich dafür ein, die Rassedefekte durch Rückzüchtung zu eliminieren. Leider ist dies nicht immer erfolgreich. Um dieses Problem zu verdeutlichen, nehmen wir zum Beispiel den Genpool der Englischen Bulldogge. Dieser ist sehr begrenzt, was bedeutet, dass alle heutzutage lebenden Englischen Bulldoggen auf nur wenige ursprüngliche Zuchttiere zurückzuführen sind. Wenn ein hoch angesehener Deckrüde viele Hündinnen deckt, führt dies irgendwann zu einer hohen Inzucht-Rate und somit wird der Genpool stark verarmt. Dies hat zur Folge, dass es eine geringe genetische Vielfalt gibt und große Zweifel bestehen bleiben, ob es langfristig möglich sein wird, Individuen dieser Rasse ohne Defekte zu züchten.

Fazit

Menschen, die Tiere lieben, sollten gründlich darüber nachdenken, ob sie bereit sind, das Risiko einzugehen und einen Welpen zu erwerben, der unter Atembeschwerden leidet. Denn in jungen Jahren lässt sich noch nicht vorhersagen, wie sich die Probleme aufgrund seiner kurzen Schnauze langfristig entwickeln werden. Experten legen ihre Empfehlung dringend ans Herz von Menschen, die sich einen Hund wünschen und sich zunächst im Tierheim nach einem passenden Hund umzusehen, der ein liebevolles Zuhause sucht.

von kai